Dokumente > Quellen > Echo der Gegenwart, 16. Dezember 1924
QUELLEN Echo der Gegenwart, 16. Dezember 1924: Ausstellung moderner Kunst im Reiff-Museum. Gestern vormittag eröffnete Herr Geheimrat Prof. Dr. Schmidt-Burgk eine sehr sehenswerte und ungemein instruktive Ausstellung, die die Entwicklung der modernen Malerei in den letzten Jahrzehnten veranschaulicht. Es handelt sich dabei in erster Linie um rheinische Kunst, die von der bekannten Kunsthandlung Flechtheim zur Verfügung gestellt worden ist. Außerdem sind eine ganze Reihe hierhingehöriger Werke aus dem Privatbesitz Aachener Sammler angeschlossen, sodaß die Ausstellung die ihr zugedachte Aufgabe vollkommen zu erfüllen vermag. In einer einführenden Ansprache griff Prof. Dr. Schmidt-Burgk einige besonders charakteristische Werke heraus, an denen er einige wichtige Stufen nachwies, die vom Naturalismus über den Expressionismus und Kubismus zum heutigen Stande der Entwicklung führen, bei dem sich Anzeichen einer gewissen Umkehr von den extremistischen Tendenzen jener Richtungen bemerkbar machen, einer Umkehr, die einerseits in ihren letzten Zielen und durchaus unklar ist, andererseits aber einen Rückblick auf das Jüngstvergangene heute rechtfertigt. Nachdem man lange Zeit die möglichst getreue, wenn möglich, geradezu photographische Wiedergabe der Natur als Aufgabe der Kunst angegeben hatte, kam man mehr und mehr dazu, statt der Einzelheiten das Typische zu geben, man vereinfachte sich, löste sich vom Gegenstande los, wurde ihm gegenüber willkürlicher. Nun war freie Hand gegeben, mit dem Dargestellten eine große, das Werk beherrschende Idee zu gestalten, man konnte nun den Raum nach eignem Geschmack, etwa geometrisch aufteilen, wie es z. B. bei Nauens [?] „Rast bei der Ernte“ der Fall ist. Von da ist nur ein Schritt zum Spielerischen, das wie etwa Campendoncks „Prozession“, mit Form, Komposition und Farbe ganz eigenherrlich schaltet, aber trotzdem ästhetisch nicht zu verlieren braucht. Man kann nicht mit rein realistischen Mitteln die Phantasie in Bewegung setzen, das ist das Leitmotiv, das solchen sonst vielleicht unverständlichen Werken zugrunde liegt. So kommen auch dem, der ältere Kunst vorzieht, Werke wie der „Babylonische Turm“ oder die „Komposition von Haeuser“ näher. Diese
ältere Kunst ist in fesselnder Gegenüberstellung
vertreten in der
Aquarellausstellung Pompeo von Wolf, der hauptsächlich mit
alpinen
Winterbildern erfreut, die ungemein zart, klar und plastisch ganz
außerordentliche Wirkungen erzielen. |
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